AUSTRIAN NEARMISS ASSOCIATION

A NEARMISS today could be an ACCIDENT tomorrow!

Busfahrt – 22 tote Kinder

Wie Dr. Gerhard Fahnenbruck darlegt, werden Near Miss in der Luftfahrt dazu genutzt, aus ihnen zu lernen. Die Werkzeuge, die dazu verwendet werden sind Reporting-Systeme, Analyse von Vorfällen, Offenlegung aller Erkenntnisse etc. Sie ermöglichen der Luftfahrtindustrie, sich dem Ziel einer 100% Sicherheit weiter zu nähern – wohl wissend, dass es unmöglich sein wird, sie zu erreichen. Wer denkt man sei am Ziel, mehr Sicherheit sei möglicherweise nicht möglich oder nötig, der verliert an Sicherheit. Sicherheit ist nur durch permanent hohe Aufmerksamkeit zu erlangen. Das aus der Fliegerei bekannte Phänomen der Complacency (Selbstgefälligkeit) ist eines der größten Sicherheitsrisiken überhaupt.

Angesichts solch niedriger Unfallquoten in der Luftfahrt stellt sich aus Sicht eines neutralen Beobachters der Luftfahrtindustrie die Frage:

  • Wie ist es möglich, dass ein von Menschen betriebenes System so zuverlässig ist?

Aus der Sicht eines Vertreters einer anderen Industrie bzw. eines anderen Arbeitsbereichs stellen sich die Fragen:

  • Was kann ich tun, damit ich sicherheitsstatistisch in eine ähnliche Größenordnung komme?
  • Ist die Technik der Luftfahrt so zuverlässig?
  • Sind Piloten und deren Crews perfekt?

Um die beiden letztgenannten Fragen vorweg und gleichzeitig zu beantworten:

  • Nein!

Noch in den 60er Jahren hatte man die Hoffnung, durch die Perfektionierung der Technik die Unfallrate auf Null zu reduzieren. Und auch Piloten sind nur Menschen und keinesfalls perfekt. Sie machen genau so viele Fehler wie andere Menschen in ähnlich qualifizierten Berufen auch. Der Unfall eines United Airline Fluges nach Portland am 28.12.1978 brachte letztendlich die Wende in der Sichtweise auf die Ursache von Unfällen. Im Zuge der Analyse wurde deutlich, dass es sich um einen reinen Human Factor-Unfall gehandelt hatte. Eine gesunde Crew war mit einem im Prinzip völlig intakten Flugzeug im Landeanflug abgestürzt. Lediglich ein Anzeigebirnchen des Fahrwerks war durchgebrannt gewesen. Daher war im Landeanflug nicht klar, ob das Bugfahrwerk tatsächlich ausgefahren war oder nicht. Die spätere Analyse zeigte, dass das Fahrwerk selbst völlig intakt und ausgefahren war. In der Folge war der Kapitän so sehr mit dem Fahrwerksproblem beschäftigt, dass er mehrere Bemerkungen des Kopiloten und des Flugingenieurs bezüglich des noch verfügbaren Kerosins ignorierte. Als Konsequenz stürzte das Flugzeug im Landeanflug mangels Kerosin kurz vor dem Flughafen ab. Von 189 Menschen an Bord starben damals 10.

Dieser für Luftfahrtverhältnisse vergleichsweise kleine Unfall hatte die Re-Analyse einer Reihe von Unfällen der 70er Jahre zur Folge.

Der schwere Busunfall in der Schweiz, mit 22 toten Kindern und 6 Erwachsenen, sollte endlich zum Umdenken anregen.

Ein ähnliches Vorgehen der Unfallanalyse und Unfallvermeidung wie in der Luftfahrt wäre nun auch für die anderen Bereiche einzuführen.

Kategorie: ANMA-Artikel